Übertraining

Sportler gehen gerne bis an ihre Grenzen. Doch gerade, wenn man denkt, kurz vor dem Ziel zu stehen, kann plötzlich alles umkippen.

Wird der Körper durch zu hohe Belastungen überfordert und es tritt aufgrund des Ungleichgewichtes zwischen Belastung und Regeneration ein Ermüdungszustand ein, so wird dies als Übertraining bezeichnet, wenn sich in Folge dieses Zustandes ein Komplex verschiedener typischer Symptome klar darstellt. Da ein Symptomenkomplex auch als Syndrom bezeichnet wird, spricht man hierbei von einem Übertraining-Syndrom. Als primäre Ursache für ein Übertraining-Syndrom gilt eine für das Individuum zu hohe Trainingsintensität, welche stets mit einem zu hohen Trainingsumfang verbunden ist. Hierdurch wird dem Körper keine ausreichende Ruhephase gewährt, wodurch er eine nur unzulängliche Regeneration zwischen den Trainingseinheiten erlangen kann.

Verwechselt man ein Übertraining-Syndrom mit dem vorübergehenden Erschöpfungszustand nach harten Trainingsbelastungen, so kann dies schwerwiegende Beeinträchtigungen der Gesundheit nach sich ziehen. Denn tritt ein Übertraining-Syndrom auf, ist ihm eine dauerhafte Überbelastung über mehrere Tage oder Wochen vorausgegangen. Diese dauerhafte Überlastung führt zunächst zu einer Leistungsstagnation, welche sich schließlich zu einem deutlichen Leistungsabfall entwickelt. Dieser Leistungsabfall ist nach einiger Zeit sogar bei leichten Trainingseinheiten zu verzeichnen.

Grundlegend wird zwischen den zwei Arten des sympathikotonen und des parasympathikotonen Übertraining-Syndroms unterschieden. Das parasympathikotone Übertraining-Syndrom wird aufgrund seines dem sympathikotonen entgegengesetzten Erscheinungsbildes meist nicht gleich als Übertraining-Syndrom erkannt.

Die individuelle Anfälligkeit für ein Übertraining-Syndrom wird jedoch auch noch durch zusätzliche Faktoren, welche den Körper negativ beeinflussen, determiniert. So wirkt sich Stress, welcher — egal ob privat oder beruflich — ebenfalls eine Form der Überlastung darstellt, ebenso wie Schlafmangel, Ernährungsdefizite sowie belastende klimatische Bedingungen, als mit beeinflussendes Moment auf das Übertraining-Syndrom aus. Das sympathikotone Übertraining-Syndrom basiert auf einer hohen Anspannung des gesamten körperlichen Zustandes. Es tritt nach zu starken intensiven Belastungen in Erscheinung und ist, neben der verminderten Leistungsfähigkeit, durch Muskel- und Gelenksschmerzen, mangelnde Regenerationsfähigkeit, einen meist erhöhten Ruhepuls und -blutdruck, welche sich nach einer Belastung nur verzögert normalisieren, gekennzeichnet.

Aber auch Schwindelgefühl sowie allgemeine Antriebslosigkeit, begleitet von einem Gefühl innerer Unruhe, Schlafstörungen, depressive Verstimmung sowie Appetitlosigkeit sind meist in der Symptomatik dieses Übertraining-Syndroms vertreten. Ebenso können eine erhöhte Körpertemperatur, Gewichtsverlust und ein erhöhtes nächtliches Trinkbedürfnis in Erscheinung treten. Allgemein erhöht sich bei einem Übertraining-Syndrom auch die Infektanfälligkeit, bei Frauen kann es zu Zyklusstörungen bis hin zum vollständigen Ausbleiben der Regelblutung (Amenorrhoe) kommen.

Da das sympathikotone Übertrainingsyndrom aufgrund seiner eindeutigen Merkmale schnell erkannt werden kann, ist die Behebung dieser Krankheit bei starker Reduzierung und Umgestaltung des Trainings sowie ausreichendem Schlaf innerhalb von ein bis zwei Wochen möglich.

Sind die Symptome des Übertrainingsyndroms vollständig verschwunden, kann das systematische Training wieder aufgenommen werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Intensitätssteigerung kontrolliert werden muss und nur in kleineren Schritten als bisher erfolgen darf. Das parasympathikotone Übertrainingsyndrom ist meist latent, da dessen typische Symptome oft fehlen. Während des regulären Trainings ist vom Individuum keine Leistungsminderung wahrzunehmen.

Bereitet man sich jedoch auf einen Wettkampf vor, so kommen bei der hierbei erhöhten und ausgedehnten Trainings- und Ausdauerbelastung — spätestens aber in der Wettkampfsituation — die für das parasympathikotone Übertraining-Syndrom typischen Symptome zum Vorschein. Die Symptomatik des parasympathikotonen Übertraining-Syndroms ist diametral der des sympathikotonen. So sind Müdigkeit und ein übermäßiges Schlafbedürfnis ebenso bezeichnend wie Konzentrationsmangel, geminderter Antrieb und starker Hunger. Auch der Ruhepuls ist vorwiegend reduziert.

Die Behebung des parasympathikotonen Übertraining-Syndroms bedarf eines wesentlich längeren Zeitraums, der sich von mehreren Wochen bis über Monate erstrecken kann. Das Training muss in Umfang und Intensität stark reduziert und in seinen Belastungsschwerpunkten umgestaltet werden.

Sind die Symptome dieses Übertraining-Syndroms vollständig verschwunden, kann das systematische Training frühestens wieder nach sechs Wochen aufgenommen werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Intensitätssteigerung kontrolliert erfolgen muss und die ursprüngliche Belastungsintensität frühestens nach sechs weiteren Wochen erreicht werden darf.