Kubayamashi-Do

Der Begriff „Kubayamashi“, ist das Synonym eines japanischen Eigennamens, der sinngemäß, für die Aufgabe steht, sich würdevoll einer unüberwindbaren Herausforderung zu stellen. Entsprechend bedeutet Kubayamashi-Do die Lehre, respektive der Weg, jener Aufgabe. Die Verwendung des Synonyms Kubayamashi erfolgte erstmals bei der Namensgebung für den Kubayamashi-Do Verein Frankfurt e.V..

Wenn ein Lehrer vorgibt, ein bestimmtes Kampfsystem oder eine bestimmte Kampfkunst, wie beispielsweise Taekwon-Do, zu lehren, soll er auch genau dies tun und das, was allgemein unter dem Namen der jeweiligen Lehre anerkannt wird, als solches verbreiten. Achtet er dabei jedoch unabdingbar auf hermetische und starre Inhalte, so stagniert das System. Es entstehen im Lauf der Zeit zahlreiche Schwachpunkte, weil sich alles — um jenes sich selbst antiquierende System herum — weiterentwickelt. Das System kann den Anforderungen von neuen, weiterentwickelten und verbesserten Arten von Angriffen irgendwann nicht mehr standhalten.

Fügt der Lehrer seinen Unterrichtsinhalten andere Komponenten hinzu, um derartige Unzulänglichkeiten zu vermeiden, so ist es zwingend erforderlich, diese auch gesondert zu bezeichnen. Wenn sich dabei das dem Lehrer eigene Prinzip so sehr von jenem unterscheidet, was regulär unter der ursprünglichen Lehre verstanden wird, sollte er seinem eigenen anderen Prinzip auch einen entsprechend anderen Namen geben. Schon allein um Missverständnisse zu vermeiden, ist dies von ihm zu erwarten.

Das oftmals von verschiedenen Instruktoren proklamierte Anliegen der Reinhaltung ihrer Systeme scheint mehr das Verlangen nach loyaler Ehrerbietung dem Werk gegenüber zu sein, welches von dem Nestor, also dem ursprünglichen Begründer des Systems, stammt. Ist der ein Kampfsystem — gegebenenfalls auch die sich darum bildende Philosophie — erweiternde Meister kompetent seine Arbeit zu tun, so ist dies wohl der größte Respekt, als auch die größte Ehre, die einem Meister von seinem Schüler — unabhängig dessen jeweiliger Schülergeneration — widerfahren kann. Denn der Schüler verhilft der Lehre auch weiterhin zu wachsen und somit an Größe zu gewinnen.

Kubayamashi-Do resultiert in hohem Maße — in Aufbau und Erweiterung — aus jenen Erkenntnissen und versteht sich somit als nüchterne, den Ansprüchen der Zeit gemäße Konsequenz. Kubayamashi-Do basiert auf der archaischen Grundlage des Taekwon-Do. Wer Kubayamashi-Do lernt, erlernt deshalb auch gleichzeitig Taekwon-Do, jedoch lernt man nicht auch Kubayamashi-Do, wenn man nur Taekwon-Do erlernt. Vergleichsweise kann man sagen, dass man beim Taekwon-Do Selbstverteidigung lernt, was jedoch nicht impliziert, mit Selbstverteidigung auch gleich Taekwon-Do zu erlernen. So werden im Kubayamashi-Do beispielsweise im Bereich der Phalanxbegegnung Techniken gelehrt, die zeitgemäß, davon ausgehen, dass Angreifer-Formationen mehrerer gleichzeitiger Aggressoren zu bewältigen sind.

Die Zeiten, da der Bösewicht versuchte mit einfachen plumpen Mitteln über sein Opfer herzufallen, sind endgültig vorbei. Heutige Aggressoren sind nicht nur durch ihre Straßenerfahrungen geschult, sondern auch durch fachlichen Unterricht. Sie treten meistens zu zweit oder zu mehreren und nur in den seltensten Fällen einzeln auf. Hierbei reicht es nicht aus, dass man als Verteidiger sich dadurch zur Wehr setzt, dass man einen Angreifer fixiert, während man den anderen abwehrt oder einen gegen den anderen schubst. Es reicht auch nicht ein System von simplen Folgetechniken zu konstruieren, das einen Angriff nach dem anderen vereitelt, da die Aggressoren ebenfalls in der Lage sind, sich schnell und gezielt zu bewegen. Der Komplex der Technikeinheit muss somit die Bewegung aller involvierten Kämpfer bei realistischen Zeitwerten und Positionsveränderungen berücksichtigen und für die verschiedensten Angriffsmuster optimierte Verteidigungstechniken hervorbringen.

Aber auch in den Technikbereichen, welche Angriffe durch einzelne Aggressoren zum Thema haben, hat sich das Kubayamashi-Do, insbesondere im Bereich der Ilbotaeryon gemini, die Optimierung der Abläufe und der Endzustände zur Aufgabe gemacht, deren Relevanz dann zunimmt, wenn einzelne (nicht gleichzeitige) Attacken mehrerer Aggressoren im schnellen Stakkato erfolgen. Eine zusätzliche Erweiterung der Techniken stellt die Fusion der verschiedenen Bereiche dar. So beinhalten die Ilbotaeryon Elemente, welche im traditionellen Taekwon-Do in dieser Weise dort nicht vorzufinden sind. Die Einbindung jener Elemente, also Hebel-, Sturz- und Fege-Techniken, birgt den Vorteil, dass die erlernten Fähigkeiten des Anwenders ohne Einschränkungen genutzt werden können und somit das Spektrum der technischen Flexibilität immens erweitert wird.

Durch die akribische Realitätsbezogenheit dieses Systems ist Kubayamashi-Do eine Kunst, die in ihren Bereichen und Details auch weiterhin wächst. Dies ist eine logische Entwicklung, denn nichts, was sich weiterentwickeln kann, wird je vollendet sein. Es sei denn, die Anforderungen der Zeit stagnieren, was mit absoluter Sicherheit auszuschließen ist.